Die Fachoberschule bietet bundeslandabhängig ein- bis dreijährige Bildungsgänge im beruflichen Schulwesen an. Sie baut auf einem mittleren Schulabschluss auf und führt zur Fachhochschulreife oder ermöglicht bei eingerichteter FOS 13 den Erwerb der fachgebundenen bzw. allgemeinen Hochschulreife. Die Fachoberschule vermittelt eine allgemeine, fachtheoretische sowie fachpraktische Bildung.
Aufgepasst: In Baden-Württemberg existiert auf dem Papier keine Fachoberschule, vergleichbare Bildungsgänge gibt es dafür dort aber am sogenannten Berufskolleg.
Fachrichtungen
Die Fachoberschule gliedert sich in folgende Fachrichtungen:
- Wirtschaft und Verwaltung
- Technik
- Gesundheit und Soziales
- Gestaltung
- Ernährung und Hauswirtschaft
- Agrarwirtschaft, Bio- und Umwelttechnologie.
Innerhalb der Fachrichtungen können Schwerpunkte gebildet werden.
Aufnahmevoraussetzungen, Dauer und Abschlüsse
Wer über einen Realschulabschluss oder einen gleichwertigen Schulabschluss (Fachoberschulreife, mittlere Reife, Sekundarabschluss I, Wechsler nach der 10. Klasse des Gymnasiums, ...) verfügt, kann an der zweijährigen Fachoberschule mit den Klassenstufen 11 und 12 in Vollzeit die Fachhochschulreife erwerben.
Direkt in die Klassenstufe 12 – die auch in Teilzeitform mit entsprechend längerer Dauer angeboten werden kann - kann eintreten, wer zusätzlich zum mittleren Schulabschluss bereits erfolgreich eine Berufsausbildung abgeschlossen hat, also einen Berufsabschluss besitzt, oder eine hinreichend einschlägige Berufserfahrung nachweist.
In einigen Bundesländern (Bayern, Berlin, Bremen, BOS II in Rheinland-Pfalz; die "FOS 13" in NRW setzt hingegen eine berufliche Vorbildung voraus!) gibt es auch Fachoberschulen mit 13. Klassenstufe, die Absolventen der 12. Klassenstufe in einem Jahr Vollzeit zur fachgebundenen oder allgemeinen Hochschulreife (bei Nachweis ausreichender Kenntnisse in zwei Fremdsprachen) führt.
Fachpraxis
Die Fachpraxis findet in der Klassenstufe 11 des Bildungsganges der Fachoberschule als sogenanntes einschlägiges gelenktes Praktikum in Betrieben oder gleichwertigen Einrichtungen mit einem Umfang von insgesamt mindestens 800 Stunden statt.
Abschlussprüfung (Fachhochschulreife)
Die Ausbildung an der Fachoberschule nach der Klassenstufe 12 schließt mit einer schriftlichen Prüfung in vier Fächern ab:
- Deutsch
- Mathematik
- Pflichtfremdsprache
- ein fachrichtungsbezogenes Fach.
In dem fachrichtungsbezogenen Fach kann an die Stelle der schriftlichen Prüfung eine Facharbeit mit einem Kolloquium treten. In der Fachrichtung Gestaltung kann anstelle der schriftlichen Prüfung im fachrichtungsbezogenen Fach eine praktische Prüfung durchgeführt werden.
Mündliche Prüfungen können nach den Bestimmungen der einzelnen Bundesländer durchgeführt werden.
Die Noten für die einzelnen Fächer ergeben sich aus der Beurteilung der Leistungen im Unterricht und den Leistungen in den Prüfungen.
Die Abschlussprüfung der Fachoberschule nach der Klassenstufe 12 ist bestanden, wenn in allen Fächern mindestens ausreichende Leistungen erreicht werden, wobei die Länder bei nicht ausreichenden Leistungen in einzelnen Fächern besondere Regelungen treffen können.
Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zeugnis der Fachhochschulreife mit einer ausgewiesenen Durchschnittsnote.
Es kann sich im übrigen auch autodidaktisch oder mittels externer Anbieter auf die sogenannte Nichtschüler-Fachochschulreifeabschlussprüfung der Fachoberschule vorbereitet werden, ohne vorher die FOS besucht zu haben. Entsprechende Lehrgänge bieten zum Beispiel Privatschulen und die Fernschulen
- ILS in den Fachrichtungen Wirtschaft und Technik,
- FEB in den Fachrichtungen Wirtschaft und Technik,
- SGD in den Fachrichtungen Wirtschaft und Verwaltung, Gesundheit und Technik (Schwerpunkt Elektrotechnik oder Maschinenbau) sowie
- HAF in den Fachrichtungen Wirtschaft und Technik
an.
Finanzierung des Fachoberschulbesuchs durch BAföG
Für den Besuch von Fachoberschulklassen, die eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzen, wird Ausbildungsförderung nach BAföG nur geleistet, wenn der Auszubildende nicht bei seinen Eltern wohnt und
- von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist,
- einen eigenen Haushalt führt und verheiratet oder in einer Lebenspartnerschaft verbunden ist oder war,
- einen eigenen Haushalt führt und mit mindestens einem Kind zusammenlebt.
Auszubildende in Fachoberschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, sind hingegen per se förderfähig.
Eine Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz setzt grundsätzlich die Erteilung von "Vollzeitunterricht" voraus.
Studienberechtigungen mit dem Abschluss der Fachoberschule
Die an einer Fachoberschule erworbene Fachhochschulreife (umgangssprachlich auch als Fachabitur bezeichnet) berechtigt, unabhängig davon welche Fachrichtung besucht wurde, zum Studium aller Studiengänge an deutschen Fachhochschulen und gleichgestellten Hochschulen. In einigen Bundesländern ist heute sogar die Aufnahme eines Universitätsstudiums mit der Fachhochschulreife möglich.
Mit der fachgebundenen oder allgemeinen Hochschulreife steht zusätzlich ein deutschlandweites Studium an Universitäten und gleichgestellten Hochschulen offen. Im Gegensatz zum Abitur (allgemeine Hochschulreife) beschränkt sich die Auswahl des Universitätsstudiengangs bei der fachgebundenen Hochschulreife jedoch auf einen bestimmten fachlichen Bereich - gemäß der besuchten Fachrichtung an der Fachoberschule. Ein Beispiel: Wer die Fachrichtung "Technik" an der FOS besucht hat und die Schule mit der fachgebundenen Hochschulreife verlässt, kann anschließend in der Regel (es gibt bundeslandspezifische Ausnahmen) nicht Soziologie, aber bspw. Maschinenbau, an einer Universität studieren. Diese Beschränkung gilt jedoch nicht für Fachhochschulen und gleichgestellte Hochschulen.
Nachträglicher Erwerb eines höheren Schulabschlusses
Wer die Fachoberschule mit der Fachhochschulreife verlässt, kann nachträglich noch die fachgebundene oder allgemeine Hochschulreife erwerben:
Als schnellster Weg, das heißt in einem Jahr, stehen die Fachoberschule mit eingerichteter 13. Klassenstufe (in Bayern, Berlin und Bremen keine weitere berufliche Vorbildung notwendig), die Berufsoberschule (BOS II in Rheinland-Pfalz ohne erforderliche berufliche Vorbildung) oder die Vorbereitung auf eine Nichtschülerabiturprüfung als Optionen zur Verfügung. Letztere kann bequem von zu Hause erfolgen, zum Beispiel mittels eines Abitur Fernlehrgangs der Fernschulen ILS, FEB, SGD sowie HAF.
Von der fachgebundenen Hochschulreife zur allgemeinen Hochschulreife (Abitur)
Da sich die fachgebundene Hochschulreife und die allgemeine Hochschulreife beim Erwerb lediglich darin unterscheiden, ob ausreichende Kenntnisse in einer zweiten Fremdsprache nachgewiesen wurden, muss hier nur dieser Nachweis "nachgeliefert werden". Hier gibt es nachträglich verschiedene Möglichkeiten:
- durch eine mindestens mit der Note "ausreichend" abgelegte Ergänzungsprüfung in einer zweiten Fremdsprache,
- durch das Bestehen einer zertifizierten Sprachprüfung auf dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (nach Entscheidung der Bundesländer),
- durch den Erwerb eines KMK-Fremdsprachenzertifikats auf Niveaustufe II im Rahmen der beruflichen Bildung (Zertifikat entsprechend den Anforderungen der Rahmenvereinbarung der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland vom 20.11.1998 in der jeweils geltenden Fassung über die Zertifizierung von Fremdsprachenkenntnissen in der beruflichen Bildung).
Das erforderliche Sprachniveau B1 für die Ergänzungsprüfung kann zum Beispiel mit einem Fernlehrgang bzw. Fernsprachkurs (am ILS in Spanisch, Wirtschaftsspanisch, Französisch oder Russisch), eine Sprachschule oder einer Sprachreise erreicht werden.